Meine bisherigen Projekte thematisieren die Beziehung des Einzelnen
zur Gesellschaft, insbesondere seine
Positionierung bzw. Definition innerhalb einer mediatisierten, normengeprägten
und scheinbar grenzenlos individualisierten Gesellschaft. Wie bewegt,
fühlt, denkt, handelt, unterscheidet und entscheidet sich jemand
innerhalb eines
(gesellschaftlichen) Umfelds und wie verbindet oder grenzt sich
jemand ab in einem System, in dem vermeintlich alles möglich
ist und gerade dadurch eine
Gleichgültigkeit bezüglich persönlicher Haltung oder
Wertung entsteht? Im Rahmen des gegenwärtigen Kunstvereins-Themas
Raum wähle ich mir deshalb die Korrelation des Einzelnen
zum öffentlichen Raum.
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Für mich ist der öffentliche
Raum" ein vielschichtiger Begriff:
a) örtlich: der physische (euklidische) Raum, den in diesem
Kontext z.B. eine Stadt bildet, aber auch eine Landschaft, ein Zug,
ein Hotel, eine Veranstaltungshalle usw. Also alle Orte, an denen
man mit anderen Menschen kommuniziert oder kommunizieren muss, wenn
man sich an diese begibt.
b) virtuell: z. B. der immaterielle Raum in den Medien, TV,
Internet, alle Datenspeicher, in denen man sich als Schatten"
seiner selbst bewegt bzw. bewegt wird (künftig auch durch die
Veröffentlichung" des persönlichen genetischen
Codes), usw. |
c) metaphorisch:
der Raum der Gedanken und individuellen
Empfindungen, das Seelische, das gewissermaßen einen inneren
Raum" bildet, aber öffentlich wird, sobald Gedanken und
Gefühle in irgendeiner Form geäußert oder mitgeteilt
werden. Zwischen diesen drei Ebenen versuche ich, Überlegungen
und Empfindungen über das eigene ich beim Betrachter zu evozieren.
Mit im Ausstellungsraum zirkulierenden Bild/Text-Projektionen, die
größer und kleiner, schärfer und unschärfer werden,
sich überlagern und überdecken, wird der Betrachter in ein
Gedankengeflecht verwickelt und wird immer wieder mit der uralten
Frage des Menschen nach sich selbst, seiner eigenen Definition in
Beziehung zu anderen Menschen konfrontiert.
Bernhard J. Widmann, Januar 2001 |